HAUS DER EIGENARBEIT

Besuch der ältesten offenen Werkstätten in Deutschland, das HEi in München

Das HEi gehört zu den ältesten Einrichtungen seiner Art und ist wohl die am besten ausgestattetste Werkstatt die ich bis jetzt besucht habe....


Am vergangenen Wochenende (11. - 13. Dezember) ging es für mich nach München, denn dort findet man die Mutter aller offenen Werkstätten, das Haus der Eigenarbeit. Das HEi gehört in Deutschland zu den ältesten Eirichtungen seiner Art und ist Geburtsort vieler neuer Ideen und Initiativen. Entgegen meiner Erwartung liegen die Werkstätten des HEi recht Zentral, nur zwei Gehminuten vom Münchner Ostbahnhof. Der Eingang ist etwas versteckt in einem herbstlich geschmückten Hinterhof. Im Foyer befindet sich ein gemütliches Kaffe und eine große Rezeption. Als ich eintrat herrschte reges Treiben. Weihnachten steht bevor. Viele Besucher, jung und alt arbeiteten in der angrenzenden Holz- und Metallwerkstatt. Dort wird restauriert, geschweißt und gehobelt. Schnell wurde mir klar, dass Handwerk und traditionelle Fertigungsverfahren hier im Fokus stehen. 3D Drucker und Lasercutter sind hier (zum Glück?) noch nicht anzutreffen. Neben der geschäftigen Holz- und Metallwerkstatt gibt es noch einige andere Fachbereiche, in welchen am Samstag meist geleitete Workshops stattfinden. Neben einem Anfängernähkurs in der Textilwerkstatt im Obergeschoss und einem Schmuck- und Steinworkshop im Untergeschoss, gab es noch einen Schmuckkästchen Workshop in der nebenan gelegenen Papierwerkstatt. Diese hat mich von allen Disziplinen am meisten beeindruckt. In Kellergewölben mit tief hängenden Decken, stapelten sich die Papier- und Lederrollen an der Wand. Wunderschöne alte Buchpressen und große Schneidmesser zeugen von sehr professioneller Arbeit. Die Schmuckschatullen der Workshopteilnehmerinnen waren herausstechend präzise und hingebungsvoll gestaltet. Was ich zuvor im Programm als hausmütterliches Basteln verurteilte, stelle sich als große Handwerkskunst heraus. Der Begründer der Papierwerkstatt Sepp Schramm, welcher den Räumen diesen unverwechselbaren und urigen Charakter gegeben hat, ist bedauerlicherweise vor einigen Monaten verstorben. Erzählungen nach hat er das Bild dieser Werkstatt nachhaltig geprägt und war ein absolut beeindruckender und passionierter Fachmann, der dem Papier seine Leidenschaft widmete. Zu seinen Ehren eröffnete das HEi an Freitag deshlab eine kleine, temporäre Ausstellungen mit seinen schönsten Marmorpapieren. Die mit einer speziellen Drucktechnik gefertigten, ornamentalen Kunstwerke, wirkten fast organisch lebendig und offenbarten sofort das handwerkliche Geschick ihres Schöpfers.

 

Etwas versteckt, fand ich zuletzt noch die Keramikwerkstatt. Sie wird hauptsächlich für Töpferkurse genutzt und beherbergt, trotz ihrer geringen Größe, einen eigenen kleinen Brennofen. Auch sonst ist das HEi so gut ausgestattet, wie keine andere Werkstatt, die ich bis jetzt besucht habe. Gerade weil das Werkstattkontingent über die herkömmlich Holz- und Metallverabrietung hinaus geht, findet man hier auch viele Spezialmaschinen, wie Glasschneider oder Walzen für Goldschmiedearbeiten.

 

Alles in allem herrscht im HEi eine sehr warme und gemütliche Atmosphäre. Durch seinen langes Bestehen wirken die Mitarbeiter und Werkstattbesucher sehr ruhig und gelassen. Wetteifern, um das ausgeflippteste und innovativste Projekt liegt hier eher fern. Es geht um Nachhaltigkeit, soziale Gemeinschaft und Hilfe zur Selbsthilfe. Hier ist nichts von dem leicht anarchistischen Hippie-Antifa Lüftchen der Rosenwerker zu spüren. Die HEier sind bodenständig, herzlich und selbstverständlich wie sie sind. Wenn man selbst einmal dort war, spürt man sofort: hier ist jeder willkommen. Das Publikum sei auch dementsprechend bunt gemischt. Vom Schüler bis zum Rentner, finde man hier jede Alters- und Gesellschaftsklasse, sagt man mir. Doch durch ihr etwas verstaubtes Image und den in die Jahre gekommene digitale und realen Auftritt, scheint besonders eine kreative Gruppe dem HEi fern zu bleiben: Designer. Doch vielleicht braucht das HEi sie auch gar nicht, denn an Kreativität fehlt es in diesen Räumen nun wirklich nicht.

 

- Nina

 




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