SALONE DEL MOBILE

Die Boring Collection und der Karneval der Designer

Vom 12.-17. April 2016 fand in Mailand wieder das jährliche Rennen um Ruhm und Ehre im Designbusiness statt. Ich war 2 Tage Teil dieses Spektakels - 48 Stunden zwischen Faszination und Frustration...


Mailand - Vom 12.-17. April 2016 fand in Mailand wieder das jährliche Rennen um Ruhm und Ehre im Designbusiness statt. Ich war 2 Tage Teil dieses Spektakels - 48 Stunden zwischen Faszination und Frustration. Durch den Zeitmangel musste ich mich beim Besuch der sog. „wichtigsten internationalen Design- und Möbelmesse“ auf die kleinen Satellite Pop-up Ausstellungen in den mailänder Stadtbezirken Tortona und Lambrate beschränken. Auch weil man in den Showrooms und Ausstellungen dortiger Hinterhöfe die unbekannteren und außergewöhnlicheren Newcomer der Designszene finden kann. Doch trotz einiger wirklich grandioser Produktideen und spektakulärer Installationen, lies mich auch hier die endlos scheinende Masse an „Design“ irgendwann vieles als belanglos und überflüssig wahrnehmen. Aber das ist ein alt bekanntes Messe-Symptom und sollte den Blick für die wirklich schönen Dinge nicht trüben. 

Vor allem im Gedächtnis geblieben ist mir in diesem Zusammenhang die Ausstellung „Boring Collection“. Während sich ringsherum alle um das auffälligste Design, die knalligsten Farben und das ausgefallenste Konzept batteln, tut die Boring Collection alles andere als das. Sie ist, wie der Name schon sagt, stinklangweilig. Von oben bis unten druchgenormt, in monotonem Oma-Beige, strahlt die Produktkollektion eine solch gekonnte Langeweile aus, dass es eine Freude ist. Mit ihrem fahlen Farbkonzept, erinnern die Bürostühle, -tische, -schränke und Co an die eintönigen Trenchcoats des 1. Weltkriegs. Rund herum Ästhetik-Schlachten. Vielleicht eine nicht ganz ungewollte Analogie. Nie zuvor habe ich ein so treffendes Beispiel für die Realität des User-centered Designs gesehen. Denn bei der Gestaltung von Büromöbel treffen alle Designer immer wieder auf das selbe Problem. Und dieses Problem heißt DIN. Gegeiselt von den Normen und unflexiblen Richtlinien bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen, bleibt dem Designer oft nichts anderes übrig, als alle ausgeklügelten Design-Entwürfe über Bord zuwerfen und sich wieder brav den Vorschriften des verhassten DIN-Anforderungskatalogs unterzuordnen. Und so entstehen Monat für Monat, Jahr für Jahr die gleichen, langweiligen und ästhetikfeindlichen Büromöbel. Warum also nicht gleich von Beginn an ehrlich sein, das Möbel Möbel sein lassen und das Surrounding und den Mensch wieder in den Fokus rücken? Die Antwort auf diese Frage ist für mich eindeutig die „Boring Collection“. Durch dieses unmissverständliche Anti-Design Statement schaffte es das Designerkollektiv Lensvelt und die Architekten der Space Encounters nicht nur den Milano Design Award zu gewinnen, sondern auch nachhaltig zum Nachdenken anzuregen. Denn sind wir mal ehrlich, auch wenn es jedes Jahr viele spannende Konzepte in Mailand zu sehen gibt, wirkt es doch auch immerein bisschen wie ein großer Karneval, an dem jeder das verrückteste Kostüm tragen will. 

Aber das macht es eben auch so sehenswert.

 

 

- Nina

 




Kommentar schreiben

Kommentare: 0